Lost in The Pfalz

(Mai 2020)

Vieles gibt es in der Pfalz zu entdecken, vieles hat sich hier versteckt. Wir machen uns wieder auf, ein paar Stücke davon zu finden.

 

Wie wär’s mit einem verlorenem Ort, aka Lost Place?

In Ludwigswinkel folgen wir einem Weg über die Sumpfwiese, danach durch den Wald, vorbei an einem großen Ameisenhügel. Eine Blindschleiche nimmt Reißaus. Jegliche Orientierung habe ich schon lange verloren. Was bitte soll hier noch kommen?

Mitten im Nichts, nur noch 5 km von der franz. Grenze entfernt, taucht solch ein verlorener Ort auf: Area 1.

AREA 1
Im Kalten Krieg war es ein Depot für Waffen aller Art, vor allem für atomare Sprengköpfe, und deshalb alles geheim und streng gesichert.
Wir hätten auch die Straße direkt dorthin nehmen können, aber das wäre langweilig.


Die Sprengköpfe waren früher übrigens vorzugsweise per Hubschrauber gekommen – um die Bevölkerung nicht zu verunsichern.
Die größte Angst schienen die US-Truppen nicht vor „dem Gegner“ gehabt zu haben, ab den 1970ern mehr vor westdeutschen Terroristen und Friedensaktivisten. Auf dem Gelände galt übrigens Schießbefehl, so brisant war das.
Als die RAF erste Terroranschläge in Deutschland verübt hatte, wurden externe Bunker vor dem Hauptgebäude errichtet, um Terroristen rechtzeitig abzufangen, sollten sie sich Zutritt aufs Gelände verschaffen. Sensortechnik, Mikrowellen und andere High-Tech überwachte die Bewegungen der Personen auf dem Gelände.

Wir überlegen, von wem die größere Bedrohung ausgeht, und entscheiden uns für: Friedensaktivisten.
Denn: einen Anschlag von Terroristen können wir totschweigen. Den „Buff“, den sie anrichten, ebenfalls.
Bei Friedensaktivisten werden Medien, in diesem Zuge die ganze restliche Nation, auf das Depot und dessen Inhalt aufmerksam, und nichts lässt sich mehr verheimlichen und aussitzen …


Apropos sitzen: Sitzblockaden, bei Friedensaktivisten sehr beliebt, waren wohl ein echter Horror für die Militärs auf dem Gelände. Wegen ihnen wurden die Sprengköpfe übrigens fast nur noch per Hubschrauber eingeflogen. Das hat auch den Vorteil, dass Hubschrauberflüge unverdächtiger sind, als ständig mit Militär-LKW durch die Dörfer zu fahren, immer in die gleiche Richtung …


Wunder der Natur gibt es fast überall

Bärenhöhle
Die größte Höhle der Pfalz
Parken: gleich außerhalb Pirmasens, aka P’town, am Mobilfunkmasten (an der L482). Ab auf den Felsenwanderweg, aka F’trail.
Der Nachteil: es geht nur bergab, knapp 1 km. Die Gegend ist voller Höhlen, und voller Ausflügler. Welche soll die richtige sein?
Die Bärenhöhle, die größte der Pfalz, ist leicht zu erkennen. Da, wo alle sind. Und wo ein kleiner Bach herausläuft, das ist ihr Alleinstellungsmerkmal. Ein schöner Fleck Erde. Und wenn ich 2 Minuten warte, springen mir auch die anderen Leute wieder aus dem Foto.
Das Schöne: danach darf ich endlich bergauf gehen.


Alte Burg
Ein weiterer Fels auf dem F’trail, den wir aber nicht finden. Dort wird eine keltische Fluchtburg vermutet. Nach 8 Minuten wandern (die ersten geben schon auf), finden wir dafür:
Den Felsenbunker „Am Köpfel“.
Dort hatte sich die Rodalben Bevölkerung bei Fliegerangriffen im 2. Weltkrieg versteckt. Auch hier gibt es dunkle Gänge durch den Fels, eben eine moderne Fluchtburg.


Für mich gibt es einen weiteren „Lost Place“: die ehem. Schuhfabrik der Servas-Werke.
Kuriosum: die Alte Burg wäre ein wenig weiter hinten gewesen, Schilder fehlen hier komplett. Für heute reicht es uns, wir sind verloren.
Apropos verloren: wo ist überhaupt der Parkplatz, den der Flyer uns versprach?

 

Straußenfarm
Out-of-Hermersberg gibt es eine Straußenfarm – dem Schild über den Schotterweg folgen,  bis der Weg endet. Sehr kleiner, aber sehr schöner Laden, mit Erzeugnissen rund um den Vogel. Federn, Accessoires aus Federn, Basteleien aus Eierschalen, Fleisch, Würste, Eier.
Wir lernen: 1 Ei ist so ergiebig, wie ca. 26 Hühnereier.
(Dort erhältlich – für Rührei für die ganze Kompanie o.ä.)

Dann gehen wir noch eine Runde, biegen ums Eck, und sind ganz woanders. Hänge und Wiesen, Ponys, Natur – und hinter Zaun und Busch: die Strauße.
Ein Männchen macht tief brummende Geräusche. Noch nie hatten wir so etwas gehört. Als wolle es uns drohen, oder uns verjagen. Wo war nochmal der Rückweg zum Auto?


Lost in the sky
Eine Hercules der US Air Force fliegt übers Haus, dreht nach Ost, wirkt „lost“.


Moosalbe
Ohne erkennbares Schild verlasse ich Steinalben, und bin in der Grünen Hölle verloren. Mitten durch den Wald fließt die Moosalbe, immer wieder liegen Sandsteinfelsen herum. Als ob das nicht schon aufregend genug wäre, führt noch eine Bahnstrecke auf dem Höhenrücken entlang. Bei der zweiten Eisenbahnbrücke kann ich nicht mehr vor Verzückung, und drehe lieber um. Zu allem Überfluss fährt ein Zug oben vorbei. „Nächster Halt: Märchenland“, denke ich nur …
Dass es so etwas Schönes noch gibt …
Aber wie komme ich zurück?


„Sauertal Magazin“
Vor dem Frühstück gehe ich, als Frühaufsteher, allein eine Runde spazieren. Auf einer dieser Runden mache ich eine eigenwillige Sichtung, mit zugehörigem Foto. 2 Waldgeister verwandeln sich in einen Baumstumpf, um tagsüber nicht entdeckt zu werden.
Die zugehörige Mini-Story (Genre: Flash Fiction) wird in der 2021er-Ausgabe des „Abenteuer Sauertal“ Magazins erscheinen. (Kein Witz)


Ich steh’ im Wald:
Wie ich so im Wald herumstehe, kommt auf dem Weg der Förster des Wegs. Wendet mit seinem Auto, ich winke ihm, damit er weder in den Bach, noch über die Böschung fällt. Er redet ein wenig mit mir, ist gleich per Du, sehr nett, aber ich verstehe nicht alles. Dann fragt er mich, woher ich bin. Als er hört, dass ich aus Bayern komme, steigt er ein und fährt weg.
Mich hatte nur gewundert, dass er es so lange mit mir ausgehalten hat.
Aber, äähh, jetzt bin ich ganz alleine hier, im tiefen Wald … und verloren …
Lost in The Pfalz.