Ortsdurchgang während der Pandemie in 4 Stationen

Erste Station

Freibier gibts erst morgen, der Bahnhofskiosk ist „closed for ever“, das klingt ja nach Langeweile. Weit gefehlt. Auch mitten in jedem Lockdown wird es hier nie öde.

„Mach dich bereit deinen Herrn zu sehen“, sagt das Plakat.
Dass es an einer scharfen Doppelkurve mit wenig Übersicht, Marke „Schleuderkurve“ hängt, verleiht ihm eine gewisse Ironie, an der ich einfach nicht vorbeigehen kann.

 

Zweite Station

Von Weitem schon hören wir das Fest. Obwohl es gar nicht stattfindet.
Das Leonhards-Fest im Juli ist der Höhepunkt im Jahreslauf. Dieses Jahr fällt es pandemiebedingt zum 2. Mal aus.
Nur ein kleiner Kern, aus Burschen und Madlen, ein wirklich harter Kern, aus nicht mehr als einem Dutzend Leuten, hält die Tradition aufrecht. Vor der Leonhards-Kirche, unter einem Zelt-Pavillon, singen und johlen, trinken und jubeln sie, dass man es schon von fern hört. So viel Stimmung war auf den Original-Festen, mit dem hundertfachen an Besuchern, noch nie aufgekommen.

 

Dritte Station

Eine Senke der Ruhe finde ich in der namenlosen und unscheinbaren Kapelle am Rand, auf dem Weg nach St. Leonhard. Sie ist nicht regelmäßig geöffnet, ich habe Glück. Laut Tafel im Inneren entstand sie (nach?) 1634, zum Dank für Rettung vor der Pest. Mit dieser Bausubstanz und den alten Figuren ist sie ein kleines Kleinod. Die neuere Ausstattung hingegen wirkt ein wenig aus der Zeit gefallen. Heiligenbilder im Stil der 80er, nicht aktualisierte Papstbilder – herrlich verschroben. Und irgendwie auch ein wenig unheimlich. Genau das fasziniert mich.

 

Vierte Station

Auf einem Spaziergang gibt es oft etwas zu entdecken. Mehlschwalben im Extremtiefflug, Goldkäfer im Schwebeflug, Erdwespen im Anflug mitten ins Gesicht – ja, langweilig wird es nicht.
Schönes Wetter, Kornblumen blühen, Wind und Niederschlag, doppelter Regenbogen; Sonne geht auf, Sonne geht unter; die Turmuhr bimmelt die Zeit, ich zähle mit, Tag und Nacht. Langweilig wird es nie.

 

 

Zurück