Niederlande
Zeeland 2022
Inkl. Köln und Düsseldorf

Urlaub machen, wo andere arbeiten

Eine dunkle Wolke zieht übers Land. Wir fahren über Aachen, vorbei an einem Kohlekraftwerk, an Maastricht vorüber. Fast jede Ausfahrt geht in ein Gewerbegebiet, 20 MIn. später sind wir in Belgien, kaufen ein.
Bei Antwerpen stehen wir im Stau, es regnet, wir fahren falsch ab und schlagen uns durch. Alleen, Häuser der Reichen, Wald, Wald, Wald. Als der Wald aufhört, sind wir in den Niederlanden. Der Regen hört auf.

l.o.: Kohlekraft, bei Aachen

r.o.: irgendwo im Wald, in Belgien. Ein Anwesen am nächsten, oben drüber Bäume. Am Ende der langen Straße: die Niederlande

 

In den Niederlanden waren sicherlich die Meisten von uns schon mal, zumindest irgendwie. So auch wir. Mit Schule, Jugendgruppe, Tagesausflüge, am Flughafen umsteigen, etc.
Doch um das Leben dort besser erfassen zu können, muss man einfach über Nacht oder mehrere Tage bleiben … (zumindest wir).
Genau das haben wir gemacht. Und uns mit offenen Augen, und offenen Sinnen, dort bewegt.
Da die Fahrt vom südlichen Bayern lang ist, haben wir 2 Aufenthalte dazwischen eingelegt, und dabei noch mehr Erfahrungen gemacht. Diese habe ich am Schluss angefügt.
Es ist unsere 2. Auslandsreise nach den Lockdowns.

Frutti di Mare 1

 

 

Alle Wetter gleichzeitig
Abends spazieren wir auf dem Deich, gehen runter zum Strand. Die Abendsonne blendet uns, eine Wolke zieht auf, lässt Regen fallen, wir sehen einen Regenbogen. Eine Minute später ist er wieder vorbei.

 r.o.: der Austernfischer auf dem Dach

l.u.: Lachmöwe

 

 

Brügge (Belgien)
Von Seeland durch den Westerscheldetunnel (5,- EUR/PKW, einfache Richtung) ins niederländische Flandern, und rüber nach Belgien.


Um das 14. Jh. war die Stadt, durch Tuchproduktion und Fernhandel, zu großem Reichtum gekommen. Über einen Fluss hatte sie Zugang zum Meer. Sie war sogar eine der reichsten Städte Europas. Aus dieser Zeit stammt das Stadtbild im Zentrum.
    Ab dem 15./16. Jh. begann der Niedergang. Der Fluss versandete, Antwerpen lief ihr den Rang ab sie fiel in einen Dornröschenschlaf. Industrialisierung und Zerstörungen der beiden Weltkriege waren so gut wie spurlos an ihr vorbei gegangen. Erst in unseren Zeiten wurde das original erhaltende Stadtbild wieder entdeckt – und dem Tourismus geopfert.

Ich schaue in die St.-Salvator-Kathedrale (gratis, Spenden zum Erhalt in die Box werfen).
Sie ist gotisch und groß. Mehr hoch denn lang. Die Wände cremeweiß getüncht und das Gebäude reichhaltig ausgestattet.
Nur leider heißt reich nicht gleich stilsicher oder geschmackvoll …


Wir schlendern durch die Altstadt, an den Kanälen entlang – es ist eine schöne Stadt.
Dass sie viele Touristen anzieht, und die Lockdowns vorbei sind, hatten wir fast vergessen. Also tief durchatmen, wenn:
Familien oder Gruppen in Viererketten den ganzen Gehweg einnehmen, und in Gespräche vertieft vergessen, dass andere auch unterwegs sind
Leute urplötzlich stehenbleiben, um mit ihrem Telefon ein Foto zu machen
Oder um die Speisekarte einer Touristenfalle zu lesen
Wir holen uns noch Fritten an einem Stand (so viel zu den Touristenfallen). Die Belgier reklamieren für sich, sie erfunden zu haben und die besten zu machen. Nachdem der Stand regen Zulauf hat, sind sie wirklich frisch, und gut.

Im niederländischen Teil von Flandern wird auf der Rückfahrt protestiert. In jedem Kreisverkehr stehen mehrere Traktoren auf der Grünfläche. Später sehen wir Menschen und Transparent, an der Einfahrt zum Westerscheldetunnel sind Menschen und Sprüche nicht zu übersehen.
Es geht um die staatlich verordnete Reduzierung von Stickstoff im Dünger, um europ. Vorgaben zu erreichen, lese ich später nach. Da die Bauern auf eine Umstellung nicht vorbereitet sind, protestieren sie.

Noch stehen die Traktoren im Kreisverkehr. Andernorts behindern sie schon den Verkehr

 

Birdwatching (Zandhoekdijk)
3 Löffler ziehen ihre Schnäbel durchs Wasser. Am Ufer liegen viele Austernschalen. Lachmöwen, Austernfischer, Heringsmöwen und Brandgänse fliegen herum. Stare suchen das Ufer ab, ein Regenpfeifer brütet am Ufer. Ein kleiner Kutter fährt bei Ebbe seine Runde, wechselt Körbe an Pfählen aus, um Muscheln zu züchten.

M.l.: dieses Boot setzt neue Muschelkörbe aus

r.u.: Regenpfeifer

l.u.: Frutti di Mare 2

 

 

Am Strand (Westhove)
Vom Parkplatz zum Strand. Ein schöner Pfad führt durch eine Allee, am Wasserschloss (Kasteel Westhove) vorbei, durch Wald. Eichen wachsen krumm und schief, es wirkt mystisch. Hinter der Düne ist Strand, nicht überlaufen.

 

Autofahren
Die Richtungen der Autobahn sind in Seeland durch einen 10 - 20m breiten Streifen voneinander getrennt (wie in Amerika). Bei Landstraßen ist es immerhin ein doppelter Mittelstreifen, der bis zu 1 m Abstand bringt. So großzügig das auf dem Land ist, so eng ist es in den Orten. Eine Spur, mit 2 halben Fahrradspuren, immer wieder Engstellen. Dort lässt man 1 Fahrzeug der Gegenrichtung durch, bis man selber fährt. Immer schön abwechselnd (was in DE nie funktionieren kann).
Und immer auf die Radfahrer aufpassen! Die sind wirklich überall, und nehmen keine Rücksicht.
Dann geht es wieder raus, übers Land. Ein Kormoran sitzt auf der Laterne und verweilt.


Häuser
Viele alte Häuser, mit alten Fenstern und Türen – es ist nett. Viele kleine Häuschen und Hütten, die umgebaut wurden. Gepflegte Gärten und Grünanlagen. Man grüßt sich und winkt sich zu. Viele kleine Cafés. Es ist idyllisch. Fast schon verdächtig.

Regen zieht wieder übers Land, es wird kühl (15° C). Wir machen es wie die Niederländer: sitzen in unserer Bude, trinken Tee, schreiben Reisebericht.

 

 

Frutti di Mare 3



An der Ampel
Die Ampel ist rot. Und bleibt es noch eine Weile. Ich mache den Motor aus.
Da blinkt noch ein Schild: Autoschlange wechselt mit „Klipp-Klapp-Brücke“. Ja: eine Brücke hat die ganze Straße  hochgeklappt, damit ein Schiff passieren kann.



In the dutch mountains (Zeepeduinen Walking, bei Burgh-Haamstede)
Moos und Gras hat die Düne befestigt, Büsche und Bäume wachsen. Ein paar Pfosten zeigen irgendwie Wege. Wir gehen einfach mal.
Auf dem einen Hügel sehen wir runter auf einen See. Graugänse sitzen auf dem Wasser, ein Kormoran auf einem langen Ast, der aus dem See herausragt.
Hinter der nächsten Biege grasen 2 Rehe, weiter hinten stehen Ponies. Alles auf Sandboden. Viele Dohlen flattern herum. Dunkle Wolken ziehen auf, es hat was von einem Wetterumschwung in den Bergen.

Im Schnapsladen (Drinkgigant, Vlissingen)
Wahnsinn. 20-30 m Rum (m = Regalmeter), 30-40 m Whisky, viel Wodka, Gin, usw. Genauso viel Bier. Kaum ein Schnaps, den es hier nicht gibt (auch: „Echter“ Tequila, Absinth, auch Cannabis-Absinth, aus CZ und SK).

Wir interessieren uns derzeit für Rum.
(Seit Besancon LINK wissen wir, dass es Rum aus franz. Überseegebieten wie Martinique und Reunion gibt).

Unser Vorhaben:
- Rum von einer niederländischen Karibikinsel. Ich muss die freundlichen Mitarbeiter bemühen, das Mädel sucht extra im System. Siehe da: 1 Sorte aus Curacao ist dabei (Don Pablo). Die Insel gehört zu den Niederländischen Antillen. Den 8-jährigen (= jüngsten) nehme ich mit.
- in Indonesien wird Arrak / Arrack gemacht, ein enger Verwandter. Und/oder Rum, der mit fermentiertem Reis und Kräutern gemacht wird. Da der Inselstaat früher Kolonie war, gibt es bis heute viele Verbindungen.

Beides finden wir in Deutschland nicht.

Frutti di Mare 4


Kinderdijk
Die größte Ansammlung lebender Windmühlen wo gibt (UNESCO Weltkulturerbe) Gleich östlich neben Rotterdam
(2 Pers. + Auto = 39,50 EUR, Shuttle-Bus vom Parkplatz aus inklusive, nur mit Karte zahlbar. Auf dem Gelände ebenfalls nur mit Karte etwas kaufen)

Vor Rotterdam (aka Rotter-damn-it) nimmt der Verkehr zu. Der Parkplatz ist ein ganzes Eck weg, im Preis ist der Shuttle-Bus inbegriffen.

Bei der Elisabethflut im November 1421 war hier ein Baby in seiner Wiege angeschwemmt worden. Mit an Bord war eine Katze. Sie war darauf umher gelaufen, von links nach rechts, von vorne nach hinten, um die Wiege auszubalancieren. Deshalb heißt es hier „Kinderdeich“. (Das ist nur eine der Theorien, aber die schönste. Die mit der Kinderarbeit lassen wir mal weg).

Was das Ganze soll, musste ich recherchieren. Das Land sind Polder – also Land, das unter dem Meeresspiegel liegt. Deshalb drückt hier Wasser durch den Boden, und muss abgepumpt werden. Dazu wurden die Windmühlen erbaut.
Damit sich die Mühle dreht, wird Stoff auf die Flügel gespannt. Dann drehen die sich aber … Eine Achterbahn ist nicht schneller unterwegs …
Entlang der Wasserwege stehen 19 Windmühlen. Das Ticket erlaubt Eintritt in die „Show-Mühle“, das 100 Jahre alte Turbinenhaus, sowie Fahrten mit den Booten. Café und Toiletten am Eingang.
Wer sich das Geld sparen will: mit dem Fahrrad kommen. Das Ganze ist wie ein Park, Eintritt wird nicht erhoben. Bootsfahrten und Eintritte kosten dann extra. Nur parken ist weit und breit nicht möglich …

2.v.u.r.: Hero (Spatz, m)

l.u.: Hero (Spatz, w)

r.u.: auch im Resto ist nix vor den Spatzen sicher


Rotterdam
Der größte Hafen Europas. Wir fahren auf der Autobahn nach R’Nord, zum Alexandrium (im Neubauviertel Prinz Alexander), gehen in einen Asia-Markt.
Wer mal genauer geschaut hat, kennt die Aufkleber auf Asia-Food, mit dem Importeur in den Niederlanden (gefühlte 80% werden in den NL angelandet)
Die Preise sind deutlich günstiger. (Für PG-Tips, Schwarztee aus UK, den es in fast jedem Asia-Shop gibt, sogar bei der Hälfte). Dazu viele indonesische Sachen, denn der Inselstaat war einst Kolonie. („Batavia“ ist übrigens die Hauptstadt davon. Kündet von Geschichte, Abenteuer und Exotik – in Freizeitparks, für Videospiele, etc. Heute heißt die Stadt: Jakarta).

 

 

Frutte di Mare 4


In der Zukunft
1)

Ich muss auf Toilette (im Alexandrinum, Rotterdam), im Einkaufszentrum. Kostet 0.70 EUR). Zahlbar n-u-r mit Karte U-N-D kontaktlos. Lange hänge ich im Drehkreuz.
Das Parkhaus bezahlen (2,42 EUR): ebenso.
„De Kaard is geweigerd“, sagt das Display – das verstehe ich. Aber was mache ich jetzt? Warum funktioniert immer etwas nicht mit den Dingern?
Nach kumuliert etwa 17 Versuchen geht es endlich. Übrigens mit der EC-Karte, die hier „Bankkaard“ heißt.
Mein Fazit: Zukunft nervt.

 

2)
Im Dorf-Supermarkt, im Nachbarort
Abends hat nur 1 Kasse auf. Immerhin können wir bar zahlen. Wer nicht anstehen will: scan`s dir selber. Das machen auffallend Viele. An diesem Freitag Abend verlassen etwa 3x so viele den Laden über den Self-Check-Out, als über die Kasse. Das ist die Zukunft. Wir haben sie gesehen.

 

3)
Support-Ukraine-Bier
In Belgien kaufe ich den 6er-Pack 0,33 l Dosen ukrainisches Chernigivsko-Bier für 8 EUR. Der gesamte Gewinn („profit“) geht an humanitäre Zwecke im Land.
Ist es wirklich so einfach zu helfen? Was genau mache ich da? Wenn nichts mehr aus dem Land kommt, wie kommt dann all das Bier nach Belgien? Finde den Fehler.
- Chernigivsko gehört zum belg. InBev-Konzern
- ich finde überhaupt gar keinen Hinweis zur Herkunft
- es kann also in irgendwelchen InBev-Fabriken nach Computerprogramm gemacht worden sein
- und am Ende wandert ein kleiner Erlös
- falls der Konzern nicht (offiziell) Verlust damit einfährt

Mein Fazit: da trinke ich lieber altmodisches Reutberger Kloster (billiger, und dafür noch besser), und spende das 12-fache des Preises für die armen Flüchtlinge. So kommt bei allen mehr an.


Kreisverkehr
Bei den großen, auf der Landstraße, ist es wie in England gelöst. Vorab einsortieren, die Spuren sind oft mit einem Randstein eingefasst, so dass man „richtig rausgeworfen“ wird. Verhindert Chaos und Verwirrung. Fahrer blinken vor Einfahrt schon links oder rechts, um anzuzeigen, was sie vorhaben. (Wie in England, wo ich mir das abgeschaut habe).

Ampeln
stehen meist ein wenig hinter der Haltelinie, hängen manchmal auch über den Spuren, so dass man sich nicht ganz so verrenken muss wie bei uns (fast so wie in Amerika).


Ist schön hier
Wir sitzen auf einer Bank, an einem ruhigen und schattigen Platz in Middelburg, essen indonesische Gerichte aus dem Take Away.
Es ist richtig schön. Wir haben schon so viele schöne Ecken in diesem Land gesehen. Die Leute sind nett und freundlich, grüßen einander. Fast schon verdächtig …
Oft erinnert es uns an England. Der Charme alter Häuser, Straßen und Plätze, Kopfsteinpflaster, alte Bäume, … Klar: die Jungen sind meist in eine der großen Städte gezogen, um Arbeit zu finden. Zurück bleiben lauschige Kleinstädte und Dörfer, die vom Tourismus leben. Viel Backstein, Ruhe, Gemütlichkeit – schöne Räume zum verweilen wenn es regnet … So vieles ist ähnlich wie in England.
NUR: in England gibt es jede Menge Schauergeschichten, dunkle Seiten, bad taste. Das scheint hier komplett zu fehlen. In den Niederlanden ist es nur nett und schön und positiv … Wir sind auf der „bright side“.
(Aber ich vermisse die „dark side“)

oben: Middelburg


Im Supermarkt
Weniger Bio- und Fairtrade-Produkte.
Viel Vor-Konfektioniertes, wie Matjes mit fertigen Zwiebelwürfeln mit in der Packung, oder fertige Käsewürfel. Auch viele Bausätze, für Burger, Törtchen, etc. Oder Erdnüsse, schon in grobe Stücke gehackt, um sie gleich irgendwo drüberstreuen zu können.

An der Auster
In Yerseke wird gleich klar, was hier Sache ist. Ein Wasserbecken reiht sich ans nächste, überall Kästen, Seile, Schuppen und Gerät. Ein Seafood-Restaurant am nächsten.
Wir bekommen je 1 Auster (Stück 2,50 EUR), einzeln, auf der Terrasse. Für uns Premiere. Sie ist größer, als wir dachten. Zitrone darauf träufeln, ein wenig Pfeffer (wie empfohlen). Mit der Gabel unten durchfahren, damit sie sich von der Schale gelöst hat (die ganz schön klobig ist), und austrinken. Sie ist nicht glibberig. Darauf herum kauen, schlucken. Ah ja. Schmeckt nach nicht viel, das Wasser nach Meer. Nicht so schlimm wie gedacht. Jetzt können wir besser damit umgehen.
Danach noch 12 Muscheln, mit Käse überbacken (für 12 EUR). Eine halbe Stunde später, bevor der Mittags-Ansturm kommt, sind wir wieder raus.

l.o.: 1 Auster, ca. 3,50 EUR

r.o.: Becken, in denen sie gereinigt werden o.ä.

 

 

Köln
Das Rheinland und ich – das waren immer 2 Welten.
Kölsch und ich: ebenso.

Wir fahren nach Köln, um den Urlaub zu beginnen.
Tanken in Ellwangen (BaWü), neben der Autobahn. Die Power-Pop-Musik aus dem Radio beschallt die ganze Tankstelle. Drinnen ist es lustig (Zahlst du bar? - Nein. - Mit Karte? - Nein. - Wie dann? - Gar nicht.)

Tanken in Gundersheim, Pfalz, neben der Autobahn. Schauen in ein Weinfeld. Passieren ein Weinlokal - ein altes Haus aus Sandstein, mit rebenüberdachtem Innenhof. Fahren durch die Vulkaneifel. Kommen nach Köln, an einem Samstag.

Alle Cafés sind schon voll. Wir sind in der Altstadt, dem Epizentrum. Der REWE ums Eck ist ein halber Späti. Bietet alles, besteht aber zur Hälfte aus Alk und Knabbereien, hat bis 24 Uhr geöffnet.

Abends spazieren wir 2 h durch die Altstadt. Die Straßen sind voll mit Menschen. Eine Kneipe ist an der nächsten. Aufgetakelte Frauen, junge Männer mit hungrigen Augen, Familien, ältere Herren – alle schieben sich durch die Straßen. Viele mit Bierflasche in der Hand. Jeder Laden ist voll, und es geht weiter, weiter, weiter … Vor dem Dom unterhält eine afrikanische Trommlergruppe den vollen Platz. Wir gehen zurück, wollen abbiegen, geben es auf – zu dicht ist der „Gegenverkehr“. Und immer kommen Gruppen vorbei, erkennbar an gleichen T-Shirts, die irgendwas zu feiern haben …

Sonntag Morgen: Katerstimmung.
Wir gehen raus und suchen Frühstück. Die Straßen sind fast leer, überall liegen Leergut, Scherben, Abfälle, Scherben, Abfälle, …

Gegenüber des Rautenstrauch-Joest-Museums wartet eine Jugendgruppe vor dem Motel One. Mit Konzert-Hupe biegt ihr Party-Bus ums Eck.

 

Rautenstrauch-Joest-Museum
Ein bekanntes Völkerkunde-Museum.
Viele interessante Filme, Figuren, Häuser, etc. Mit interessantem Hintergrundwissen.
Das ist uns in den Filmen aufgefallen:

Gamelan
Ein indonesisches „Sound System“. Lange Reihen mit Glocken, in „Brettern“ gefasst, mit Abzweigungen. Etwa 12 Leute sitzen daran verteilt und klopfen darauf herum, ohne Dirigent, sie haben den Takt im Ohr. Die Zahl der Musiker ist noch erweiterbar.  

l.o.: ganzer Elefanten-Stoßzahn als Schnitzerei

r.o.: Götterfigur, aus Indonesien


Museum Schnütgen (im Eintrittspreis enthalten und im gleichen Gebäude)
Eine schöne Sammlung pastoraler Kunst des Mittelalters, viele Stücke aus Köln.
Darunter mehrere Kirchenfenster, auf Augenhöhe und beleuchtet. Wo sonst kann man sich die mal aus der Nähe anschauen? Und die Kritzeleien, die da drin sind – sind die neu, oder schon ganz alt? Wenn alt (wofür einiges spricht): was sagt das über die Menschen früher aus?

Ganz viele Exemplare sind in einer romanischen Kirche ausgestellt. Wo gibts denn sowas? Dass man so viel Romanik hat, um sie als Halle nutzen zu können? (Neidisch werd …).

2.v.u.r.: Memento Mori, Elfenbein und Ebenholz, 15. Jh.

u.r.: Tanzender Tod, Elfenbein, Deutschland, um 1700

 

 

Der Dom ist gotisch und groß. Irgendwie leer, dafür voll mit Touristen.
Fertiggestellt wurde er übrigens, nach langer Baupause, erst in „Modernen Zeiten“, den 1830ern.

 

Was ist jetzt mit Bier?
Ich probiere 2 Kölsch:
- Mühlen: schmeckt nach Bier, ganz okay.
- Schreckenskammer (welches Berti kann bei so einem Namen widerstehen?): würzig und cremig, richtig gut.

 

St. Gereon
Schön ruhig ist es drinnen, unter dem achteckigen Dach auf Rundbögen. Der 800 Jahre alte Bau, erhalten und modern eingerichtet, verströmt Würde und Behaglichkeit.
Reste aus dem 3. Jh. (n. Chr.) sind erhalten. Der Rundbau, ein Zehneck, ist angeblich der größte mittelalterliche Kuppelbau nördlich der Alpen.

Schön ruhig ist es draußen, vor der Kirche, unter großen, alten Bäumen. Auf einem Mauerrest, wovon es hier mehrere gibt. Zur Römerzeit war dieser Platz von Säulengängen flankiert, das hier sollten die Reste davon sein.
Die Ruhe hier ist einer unserer schönsten Köln-Momente.


Ganze 12 romanische Kirchen gibt es in der Stadt – damit die Bewohner früher versorgt waren.
Seit ich das weiß, komme ich gern wieder nach Köln.

An diesem ruhigen „Kater-Sonntag“ plotte ich noch eine Groteske fertig, die in einer Kirche spielt, und deren Idee mir bereits vor vielen Jahren in Metz und Regensburg gekommen war – als reine Idee, ohne weitere Handlung.

Köln und ich, sowie Kölsch und ich, wird sind jetzt cool miteinander – aber sowas von.


Montag morgen gebe ich im „Späti“-REWE mein Leergut ab. An der Kasse ist es lustig, man kennt sich. Der Wagen vor mir ist voll, der Mann bezahlt mit seinem Leergut-Bon. Stimmt so. - Da fehlen mir noch 40 Euro. Zahlste die in bar? - Nee. - Mit Karte? - Nee. - Wie dann? - Gar nicht.


Düsseldorf
die vielen Teenager fallen uns auf. Ab 14:00 tummeln sie sich ein den Asialäden und Restos entlang der Immermannstraße. Emo-Kids in schwarzen Klamotten, manche mit bunten Haaren, einzelne in Samurai-Umhang. Andere mit beachtlicher Korpulenz, die mit den engen Gängen in den Asialäden nicht so kompatibel ist.
Oder die Leute im japanischen Buchladen. Der kleine Sohn, gerade eingeschult, mit Samurai-Umhang und Plastikschwert, die Familie neben Touristen, die nur mal kucken wollen … Jeder andere Buchladen wäre froh um so viel Publikumsverkehr …

Die Immermannstraße, und die Gegend um sie herum, ist zu einer Attraktion geworden. „Little Tokio“ heißt sie neuerdings.
Viele Japaner hatten sich in und um Düsseldorf angesiedelt. Hier, in der Bahnhofsgegend, waren schon lange ihre Restaurants und Geschäfte. Hier hatten wir es früher (um 2008) schon mal erlebt, die einzigen Weißen im Lokal zu sein, und uns nur auf Englisch verständigen zu können.


Heute sind die engen Gänge in den Läden voll, und keiner scheint so recht zu wissen, was er hier eigentlich macht. Es ist halt eine Attraktion.

Vorübergehendes Unwohlsein an einem Dienstag-Nachmittag, oder:
Zufällig gewählte Beobachtungen

1) Schaut mal! Was is’n das? - Hmpf. - Hihi! - Häh?
2) Mama lässt Baby von Onigiri beißen (gefülltes Reisdreieck, in Seetangblätter eingewickelt). Das Baby kann nicht anders, als mit seinen Händchen drauf zu klatschen – es ist ja noch viel zu klein für Seetangblätter.
3) Die Eltern stehen spendabel im Manga-Laden, das Kind hat leider keine Ahnung, was es möchte.

Das Zweite, das uns auffällt, sind die sozialen Kontraste. Viele Obdachlose, viele Flaschensammler, viele Bürger in Sozialen Schwierigkeiten. Viel Dreck.
Daneben viel Reichtum, viele dekadente Dickschiffe auf den Straßen, schick gewandete Menschen. Mit einem Epizentrum in und um die Kö. Bei einem bekannten Juwelierladen stehen sie Schlange. Ums Eck kaufe ich eine Obdachlosenzeitung.
In den Kö-Arkaden zeige ich dem nächsten Verkäufer, im Rollstuhl, meine (bereits gekaufte) Obdachlosenzeitung. Er lächelt mir zu, tippt mit den Fingern ans Herz, freut sich „von Herzen“. Der Funke springt über, es ist einer der Momente, der bleibt.

An der Rheinpromenade (bzw. Mannesmannufer) verweilen wir. Viele Menschen flanieren, setzen sich, trinken Bier o.ä. Wir sitzen mit Blick auf eine Glastonne. Mehrmals schauen Menschen rein, suchen nach Pfandflaschen. Einer von ihnen zieht einen halbvollen Trinkbecher raus, wirft Strohhalm und Deckel wieder weg, und trinkt den restlichen Inhalt aus.

(So extrem hatte ich die sozialen Unterschiede zuletzt in San Francisco gesehen).


Bei Japanern essen wir zu Abend, sitzen im Freien. Eine Dose steht auf den Stufen, mir juckt es in den Fingern (0,25 EUR!). Irgendwann, zwischen Terijaki-Chicken, Reis und Salat aus meiner Bento-Box, schaue ich wieder hinüber. Die Dose ist weg.

Das Wichtigste im Resto war übrigens die Tatsache, dass sie nur Bargeld nehmen.
Auf der Rechnung steht später: Zwischenbon, dies ist keine Rechnung.

Meine leeren Altbier-Flaschen gebe ich bei REWE ab, kaufe ein wenig ein. Die Kassiererin, um die 50, wirkt vernünftig, trägt ihre ergrauten Haare in einen hohen Iro gestylt. Yeah.


In beiden Städten, Köln und Düsseldorf, staune ich über die Anzahl der lokalen Biere – die es wohl nur hier gibt. So manches Gasthaus im Stadtgebiet braut selbst und verkauft es.
In Düsseldorf gibt es sogar ein eigenes Flaschenformat, mit Bügelverschluss, auf das 0,50 EUR Pfand ist (!).
Da frage ich mich dann schon, warum München als Stadt des Bieres gilt. Diese beiden Städte stehen dem in nichts nach.

l.o.: ja. Mehr ist dazu nicht zu sagen

r.o.: "Platte und Palmen". Sieht aus wie in Bulgarien, finde ich ...

2.v.u.l.: Kanadagans Close-up

2.v.u.r.: Teichhuhn Close-up

l.u.: die Mauer, an die du gestellt wirst, wenn die Revolution kommt ... Bitte Position einnehmen ..

r.u.: vor dem Reisebüro

 

 

#Achtsamkeit