2019   Best of the Rest

2019 war für mich ein Jahr der Entdeckungen. Oft waren es die „kleinen Dinge“, die vermeintlich unscheinbaren, die mich am meisten faszinierten. Nicht jeder Ausflug gibt gleich einen Reisebericht her. Hier habe ich ein paar Highlights zusammengefasst.


TIERE


Hühner
Ich hatte nicht wirklich Ahnung, was ein Huhn ist. Im Münchner Tierpark Hellabrunn laufen sie frei herum (im neuen Themenpark „Bauernhof“). Darüber blieb ich vor dem Infostand stehen, und bekam eine Menge Wissen, das mich schon sehr erstaunt hatte.

Das Augsburger Huhn
Läuft furchtlos auf dem Weg herum, pickt sich Körner, spaziert mir fast zwischen den Füßen, verschwindet in der Hecke, um sich dort hinzulegen.
Gezüchtet in den 1880ern, aus 1 italienischen und 1 französischen Hühnerrasse. Die eine Rasse wächst schnell und liefert bald ausreichend Fleisch, die andere legt viele Eier. Somit vereint der „Augsburger“ beide Vorteile in sich (Legeleistung: ca. 180 Eier pro Jahr). Und genau wegen dieser Hybridleistung gehört es heute zu den gefährdeten Arten und ist vom Aussterben bedroht.
Heute werden entweder Super-Hühner gehalten, die noch mehr Eier geben, oder Super-Hühner, die superschnell wachsen. Eier legen nur Hennen, deshalb werden die männlichen Küken der „Eier-Lege-Hühner“ entsorgt, also geschreddert.

l.: das Augsburger Huhn, heute eine bedrohte Tierart

r.: glücklicher Elefant im Tierpark Hellabrunn

 


Wir wollen entweder:
- Superschnell wachsende Masthühner (Lebenszeit: ca. 43 Tage konventionell; Bio: ca. 60 Tage)
- Oder Hühner mit superhoher Legeleistung (ca. 260 Eier pro Jahr. Lebenszeit ca. 1 Jahr).
Natürlich auf engstem Raum. Bio: auf engem Raum.
- Männliche Küken schreddern: passiert bei Legehennen. Weil es Legehühner sind (keine Hähne). Und für die Mast wachsen sie nicht superschnell genug …


Auch das lerne ich am Infostand:
Der Zoo lernt von und mit den Tieren. Z.B. Elefanten:
Sie werden nicht mehr angekettet bzw. Nachts eingeschlossen, und nur aus Entfernung gepflegt/geputzt. Die Fußpflege findet nur mit Einwilligung statt, d.h. er muss dazu den Fuß heben. Und wird danach mit Brot belohnt („bestochen“).

Da ist Schwein drin:
- Wein und Apfelsaft (werden mit Substanzen vom Schwein geklärt). Beim Hinweis „Vegan“ wurde das ohne tierische Substanzen gemacht.
- Gummibärchen (Gelatine)
- Zigarettenfilter
- Waschmittel, Zahnpasta

 


Glückliche Schweine: Herrmannsdorf (bei Glonn)
Der Hof begann mit artgerechter Schweinehaltung. Die Tiere haben Auslauf, können nach Belieben ins Freie. Kastanien fallen vom Baum, werden gleich von ihnen gefressen. Es geht beschaulich zu.
Auf der Straße wird ein Pferd im Anhänger vorbeigefahren und wiehert. Die Pferde auf der Weide wiehern zurück, als grüßen sie sich …
Ich spaziere an einem Rosenstrauch vorbei, rieche an den Blüten, ein Huhn folgt mir. Da sind sie also wieder: freilaufende und furchtlose Hühner.

 

Gänse
Sind die erste domestizierte Haustierart (vor 9.000 Jahren), lehrt mich ein Schild im Tierpark Hellabrunn. Ursprünglich nur in der Subarktis zuhause, sind sie dem Menschen in alle Klimazonen gefolgt.
Auf dem Neuen Südfriedhof stehen sie mir im Weg, putzen sich, wärmen sich in der Morgensonne. Ich wage kaum vorbeizugehen, um sie nicht zu verscheuchen. Doch meine Anwesenheit macht ihnen nichts aus. Es sind Kanadagänse. Sie haben eine höhere Toleranz menschlicher Nähe gegenüber, als manch andere Art.

und Enten gibt es auch

 

 

 

PFLANZEN
Auf einem Herbstspaziergang in meinem Ort finden wir einen Kastanienbaum. Nicht irgendwelche, sondern essbare Kastanien (Maronen). Wir nehmen herumliegende mit, schneiden sie kreuzförmig an, kochen sie 30 Minuten in heißem Wasser und essen sie als Nachspeise.
Seitdem finde ich sie auch im Supermarkt … (= nehme sie wahr)

o.l.: Pilze sind keine Pflanzen, ich weiß. Ich hatte nur keine andere Rubrik für sie ...

Das alles gab es aber auf diesem Herbstspaziergang zu sehen ...

 

 

 

KIRCHEN
"Romanik in Bayern" - ein Widerspruch in sich?


Keferloh (Gem. Haar):  St. Aegidius
1170-1173 errichtet,  2003-2013 vom Förderverein restauriert und (erst) ab 2013 wieder der Öffentlichkeit zugänglich. Sie liegt ein wenig abseits und versteckt, erstrahlt aber allmählich wieder in ihrem romanischen Glanz.

Egidius war ein griech. Kaufmann, einer der 14 Nothelfer, und einer der populärsten Heiligen des Mittelalters.

 

Nebenan entstand der Keferloher Pferdemarkt, eines der älteren und wilderen Volksfeste in Bayern, das angeblich bis zur Schlacht auf dem Lechfeld zurückreicht.
Es bestand bis in die 1950er Jahre, verlor aber immer mehr Publikum an das Münchner Oktoberfest. Mit „Bierschlachten“ konnten die Leute auch immer weniger anfangen …

Die Sage:
Eberhard von Ebersberg kam mit seinen bayrischen Reitern dem Heer Ottos des Großen, bei der Schlacht auf dem Lechfeld am 10.08.955 gerade noch rechtzeitig zu Hilfe, um die übermächtigen Ungarn zu schlagen.
Als Dank durften sie die herrenlosen Pferde der Umgarn zusammentreiben - angeblich über 17.000. Auf dem Gebiet des Grafen, im heutigen Keferloh, wurden sie versteigert, wodurch ein Jahrmarkt bestand. Dieses Fest bestand bis ins 19.Jh., galt als derb und gewalttätig.
Erst das Münchner Oktoberfest konnte ihm den Rang ablaufen, und wurde im 20. Jh. eingestellt.

Der „Keferloher“ gilt als Ur-Maßkrug. Er wurde aus Ton gefertigt, ein Mal gebrannt, war somit günstig und schnell herzustellen, zerbrach beim Zuschlagen eher schnell. Bei den üblichen Raufereien bzw. Bierschlachten damals war das ein echter Vorteil. Durch seine schnörkellose, gerade Form und Ausführung ohne Deckel gilt er als Prototyp der heutigen Krüge.
Er beinhaltete 1,069 Liter.

 

 

Heilig Kreuz, München, am Müllberg
815 fand die Schenkung an den Freisinger Bischof statt. Ab 1100 entstand die heutige Steinkirche. Sie gilt als älteste auf Münchner Stadtgebiet, und bietet eine kleine Sensation. 3x wäre sie fast plattgemacht worden. Bei der Renovierung wurden dann Malereien aus Kalkfarbe, direkt auf den Ziegel aufgebracht, gefunden. Zu dieser Zeit üblich, ist es hier eines der wenigen erhaltenen Exemplare, wenn nicht gar das einzige. (Bei diversen Modernisierungen, vor allem im Barock, wurden sie übertüncht).
Vor allem die Lage ist kurios genug. Am Fuße des Müllbergs, fast direkt am Autobahnkreuz, und deshalb bereits 3x in Planungen beseitigt, nur von Bürgerprotesten gerettet.
Einen ausführlichen Bericht dazu findet ihr hier:
https://wortlaterne.jimdo.com/reiseberichte/m%C3%BCnchen-fr%C3%B6ttmaning-hl-kreuz-m%C3%BCllberg/

 

r.o.: auf dem Müllberg, zu dessen Füßen die Kirche liegt (und fast von ihm verschlungen wurde)

 

 

 

Möschenfeld, St. Ottilie
Durch das Schneechaos im Januar, als ich Umwege fahren musste, kam ich zufällig hier vorbei. Die Straße führt am Ort vorbei, man muss gezielt abbiegen.

Im Jahr 819 wurde das Land dem Freisinger Bischof geschenkt. Das war Voraussetzung, um einen Bau weihen lassen zu können, und eine Kirche zu errichten, in der Gott anwesend sein kann (so der damalige Glaube).
Seit dem 11.Jh. standen hier Kapellen, ab 1640 wurde die heutige Kirche gebaut. Bis ins 20.Jh. gab es eine Wallfahrt für Augenkranke hierher.
Darum herum stehen der alte Gutshof, ein paar wenige Häuser und Ställe, die Straße ist eng. Hier kommt man nicht mal eben vorbei, es wirkt ein wenig aus der Zeit gefallen. Genau das macht den Charme aus. 

 

 

Haar, St. Nikolaus
„Romanik in Bayern“ auch hier:

 

 

 

Und als Kuriosum noch eine Geisterstadt – die Nervenheilanstalt Haar
Damals und heute die größte Deutschlands, entstanden ab 1905, inkl. Jugendstilkirchen.
Ein ganzer Bereich liegt derzeit brach, ist eine Geisterstadt (inmitten bester Wohngegend).
Hier ist der Bericht, mit vielen Fotos:
https://wortlaterne.jimdo.com/reiseberichte/haar-nervenheilanstalt-geisterstadt-2019/