Der Eibenwald bei Paterzell

und

Kloster Wessobrunn
Juni 2021

 

Das Holz der Eiben ist sehr zäh und elastisch, und eignet sich ideal zum Bau von Bögen und Armbrüsten. Darüber hinaus ist fast alles an ihnen giftig. Nur Rehe und viele Vogelarten können Nadeln und Beeren fressen, oder ein paar Wildtiere. Da Wild früher aber dem Adel vorbehalten war, hatten die Bauern wenig Interesse am Erhalt der Bäume...

Bei Schafen und Ziegen hingegen ist das so eine Sache (es wird vermutet, dass sie für kleine Mengen Toleranzen entwickeln können). Selbst das Holz ist in homöopathischer Dosis toxisch.
All das waren gute Gründe die Bestände zu dezimieren. Herzog Albrecht musste 1568 verkünden, dass es in Bayern keine schlagreifen Eiben mehr gab. Heute gilt die Art in Deutschland als „gefährdet“ (Rote Liste).

Außerdem können ihre Zweige Dämonen, Geister und bösen Zauber abwehren. Wegen dieser Eigenschaften, und ihrer mystischen Erscheinung, galt sie allerdings auch als Baum der Trauer.
Das änderte sich zu Renaissance und Barock. Da sie sich gut zuschneiden lässt, eignet sie sich gut zum Anlegen von Irrgärten und Schlossparks.
Funde weisen Verwendungen zur Steinzeit nach, sogar bereits zum Tertiär soll es sie gegeben haben. Damit gilt sie als älteste Baumart Europas.

Die häufigste Baumart in Deutschland ist allerdings die Buche. Oft wurden Eiben von ihr verdrängt, oder mussten lernen im Verband mit ihnen zu leben. Da die Eibe auch gut im Schatten gedeiht, wachsen sie oft unter dem Blätterdach anderer Bäume.

r.u.: warum sehen Wald-Fotos bei mir immer nach Blair Witch aus?


Paterzeller Eibenwald
Der Arzt Dr. Kollmann entdeckte 1907 besonders viele Eiben hier im Wald, und wollte das Gebiet schützen lassen. Doch alle Eingaben bei der Forstbehörde wurden nicht bearbeitet. Eine Forstbehörde ist dafür natürlich nicht zuständig, schon gar nicht wenn es nach Arbeit klingt … Da kann der gute Mann noch so viel kartieren, dokumentieren und fotografieren.
Erst Königin Marie Therese hatte ein offenes Ohr, und stellte den Park 1913 unter Schutz. (Sie war die Frau von König Ludwig III., dem letzten bayr. König, der 1918 zum Ende der Monarchie abdanken musste, als der Freistaat Bayern ausgerufen wurde).

Warum hier?
Der Wald wird von kleinen Bächen durchzogen. Durch das kalkhaltige Wasser bildet sich Tuffstein. Da der Wald in einem Tal oder einer Senke liegt, ist der Boden überwiegend feucht. Für Eiben ist dies ein idealer Lebensraum. Für die Buche hingegen weniger, so dass diese hier andere Baumarten weniger verdrängen konnte, als sie es sonst gerne tut.

Der Park ist kein reiner Wald aus Eiben, sondern ein Mischwald, in dem viele Eiben wachsen. Oft stehen sie unter dem Blätterdach der anderen Bäume.
Ein Rundweg führt an den ältesten und schönsten Exemplaren vorbei, und erklärt ein wenig über diese Baumart. Zur Ehrenrettung sollte ich anfügen, dass es das zuständige Forstamt war, das diesen informativen Rundweg (1995) eingerichtet hat.

Es ist ein schöner Spazierweg. Unter dichtem Blätterdach, an den alten, mythischen Eiben vorbei, während auf den Lichtungen gerne mal eine Sumpfwiese blüht. Immer wieder kreuzt der Weg kleine Bachläufe. Die Luft ist würzig und frisch, nochmals besser und interessanter als in so manchem Forst. Ich sehe sogar eine Maus über den Weg laufen (auch das habe ich sonst nirgends gesehen).

 


Kloster Wessobrunn
Hier in der Nähe gibt es 3 Quellen. Dort gibt es eine Leiter in den Himmel, direkt zum Hl. Petrus. Soweit der Traum von Herzog Tassilo III., als er mit seinen Gefolgsleuten auf der Jagd unter einer großen Linde übernachtet hatte.
Träume sind keine Schäume, sondern Eingebungen. So dachte man damals. Und siehe da: sein Jagdgefährte Wezzo findet tags darauf tatsächlich 3 Quellen. Also muss hier der direkte Draht zu Petrus sein und ein Kloster soll entstehen. So geschehen im Jahr des Herrn 753 (+-10%).

Das Kloster Wessobrunn ist somit eines der ältesten Bayerns – auch wenn die genaue Entstehungszeit in den Forschungen ein wenig hin und her schwankt.
Hauptaufgabe der Mönche war die Urbarmachung der Gegend, die aus dichten Wäldern, Hügeln und Mooren bestand, und deshalb kaum besiedelt war.

Nach 900 wurde es des öfteren von einfallenden Ungarn geplündert, 955 brannte es daraufhin nieder, das war’s dann erstmal. Heute erinnert nur ein Gedenkstein auf grüner Wiese an den Standort der ursprünglichen Kirche.
1064 wird das Kloster neu gegründet, ein paar Meter nebenan. In diese Zeit fällt die Errichtung des wuchtigen Glockenturms, „Grauer Herzog“ oder „Römerturm“ genannt. Er sollte Schutz vor Plünderungen bieten. Auf mehreren Stockwerken konnte sich die Mönche flüchten. Nur über eine Leiter von außen zu erreichen, die eingezogen werden konnte, mit ein paar Vorräten unter dem Dach, damit sie hier ausharren konnten. Er ist der älteste erhaltene Teil der Anlage, und aus Paterzeller Tuffstein erbaut. 1220 brannte die gesamte Anlage ab – nur dieser Turm überstand die Katastrophe.

Der Dreißigjährige Krieg machte alle Neuanfänge wieder zunichte.
Es war bezeichnenderweise der Tuffstein aus dem Paterzeller Eibenwald, der Steinmetzen und Stuckateuren Ausbildung und Werke ermöglicht hatte. Daraus entstand die „Wessobrunner Schule“, deren Kunstfertigkeit bei Stuckarbeiten überregional geschätzt wurde.


Bemerkenswert ist die Pfarrkirche St. Johannes. Sie steht frei und war auch immer das Gotteshaus der Ortsbewohner.
Eine in den Klostertrakt integrierte Kirche mit Doppelturmfassade tauchte in Plänen auf, wurde allerdings nie realisiert.
Dafür wurde St. Johannes Baptist von den Wessobrunner Künstlern ausgestattet. Auf dem Ort verschiedener Vorgängerkirchen wurde sie ab 1757 im Stil des Rokoko errichtet.

Mir fallen ein paar dystopisch wirkende Bilder auf, die das große Deckenbild flankieren. Sie zeigen biblische Motive, wie den Turm zu Babel und Pyramiden. Doch die fahlen Farben lassen sie unheimlich wirken, dazu Landschaften wie Sümpfe, … Ich kann dazu kaum Literatur finden, gerade mal ein wenig im Kirchenführer, der vor Ort erhältlich ist. Es sind biblische Motive. Doch wozu, bleibt mir schleierhaft. Reichlich sonderbar, wie ich finde. Und genau das fasziniert mich.

2.v.o.l.: das große und perspektivisch gehaltene Deckenbild von 1759

M.r.: das ist der Paradiesvogel. Wirkt irgendwie "spooky" und unheimlich? Ja.

u.l.: die Gnadenmadonna

u.r.: der gute Hirte, in der Kanzel. Sieht auch wirklich gut aus ...

Dazwischen: biblische Motive dystopischer Anmutung, zu denen ich keinerlei Erläuterungen finden konnte ... Vor allem ihre Düsternis finde ich bemerkenswert ...


Was bleibt von Tassilos Traum?
Das Brunnenhaus von 1735 fasst die Quellen ein. Davor sind heute 3 Fischteiche.

Und ein kleiner Weg führt zur Tassilolinde. Damals Schlafplatz der Jagdgesellschaft, heute ein Naturdenkmal. Weit laden die knorrigen Stämme aus, die Mitte des Baumes ist heute leer und begehbar. Insgesamt nimmt der Stamm 14 Meter Umfang ein. Der Baum gilt als „tausendjährig“, womit wir aber nicht ganz ins 8. Jh. zurück kommen. Ob sie Tassilo wirklich gesehen hat, ist nicht eindeutig geklärt. Doch auch ohne dieses Detail ist sie jeden Meter Anmarsch wert.


Nach der Säkularisation von 1803 ging es bergab. Ab 1810 wurden mehrere Trakte des Klosters, wie auch die Reste der alten Klosterkirche, zum Verkauf angeboten, und mangels Käufer abgerissen.
Was bleibt, ist eine nette Anlage in schöner Natur. Ohne Biergarten, ohne Touristenmassen, einfach mal im Grünen sitzen und das alles auf sich wirken lassen.
Es ist genau dieses Unperfekte, Aufgelockerte, der hohe Anteil an Natur, das diesen Ort so chillig macht.

o.: auf dem Weg zur Tassilolinde

u.l.: die Säule markiert die Lage des Altars der ursprünglichen Kirche aus dem 7./8. Jh.

u.r.: it's a jungle ...

 

 

ANHANG

Stopover Wolfratshausen

 

Japanischer Garten der Freundschaft - das lockt uns.

In Wolfratshausen geht es über die Loisach, außerhalb des Stadtgebiets dann über die Isar.

 

Unser erster Eindruck beim Durchfahren: es sieht aus, wie Österreich in den 80ern (abgerockt).

Das ist nur lokal und subjektiv, aber wir hatten beide gleichzeitig den gleichen Eindruck.

 

Den Japanischen Garten müssen wir suchen, denn er ist sehr klein und versteckt sich. Zuerst finden wir den Weg an der Loisach entlang ... ist auch schön.

Der Garten ist ein Geschenk der Partnerstadt Iruma. Um zur Ruhe  zu finden ist zu viel los, Kinder spielen und planschen, alle wollen flanieren. Klar, bei 31°C im Hochsommer. Aber es ist schön zu wissen, dass es hier so etwas gibt.

 

#Achtsamkeit

Das Buch zum Film (Eibenwald bzw. Natur):

 

Ein Auto fährt gegen den Baum, ein Vogelnest fällt deswegen herunter. Die Vögel suchen sich einen neuen Baum, verjagen somit das Eichhörnchen, das daraufhin die Mäuse ..., was wiederum den Uhu ..., und dann die Ameisen ... Und was passen Enten und ein Schleimpilz in diese Kettenreaktion?

Heiter, interessant und unterhaltsam. Immer wieder gut. Ach gut vom Vorlesen geeignet.

 

LINK zum Buch