KZ Dachau Gedenkstätte
Juni 2020

Eröffnet im März 1933, nur etwa 2 Monate nach der Machtergreifung, als eines der ersten. Die Häftlinge mussten beim Ausbau helfen.

Das Gebäude war zu Zeit des 1. Weltkriegs eine Munitionsfabrik, danach stand es leer. Keine Armee – kein Bedarf an Munition (der Versailler Friedensvertrag von 1919 regulierte die dt. Armee auf ein absolutes Minimum).
Manche Dachauer waren froh über die Nutzung, versprachen sich Arbeit oder Aufträge (für regelmäßige Lieferungen o.ä.). Die Stadt gab Geld für den Um- bzw. Ausbau.

Die ersten Häftlinge waren überwiegend politische – hauptsächlich aus dem linken bis kommunistischen Lager. Später kamen Konservative dazu, z.B. alter Adel, der sich den Idealen des Humanismus verpflichtet sah, und dies offen vertreten hatte; sowie Geistliche, die ihr Wort mahnend gegen das Terrorregime gerichtet hatten. Die „Strafmaßnahmen“ zielten also tief in die bürgerliche Mitte.
Etwas später, ab ca. 1937/38 reichten allein „rassische“ Gründe, womit hauptsächlich Juden gemeint waren.


Die Einweisung erfolgte über den sog. „Schubraum“. Registrieren, nackt ausziehen, alles abgeben. Besonderen Wert hatten Gegenstände aus Metall. Die Träger von Goldzähnen wurden als solche registriert – zur späteren Verwertung dieser.
Lagerschreiber legten Karteikarten zu jedem an, sie waren selbst Häftlinge.

Danach zum Duschraum, und Einkleidung mit Häftlingskleidung. Ein Mal die Woche stand duschen auf dem Plan. Das war ein großer Raum, mit Rohren an der Decke, aus denen Wasser kam. Also ein ganzer Trupp gleichzeitig in einem Raum.

Hier wurde auch das „beliebte“ Pfahlhängen veranstaltet. Irgendeinen Häftling mit nach hinten gebundenen Armen mit einem Seil an den Balken hängen, baumeln lassen (was schon mehr als genug schmerzt), ihn schaukeln, schlagen, mit Stange verprügeln. Ohne Rücksicht auf Verletzungen. Damit die Wachleute ihren Spaß haben und sich nicht langweilen müssen.
Praktisch waren die Häftlinge der vollen Willkür ihrer Wärter ausgeliefert. Nach Laune konnten die Wachleute sie erniedrigen, quälen, foltern, misshandeln, quälen und erschießen. Offiziell gab es eine Lagerordnung, praktisch brauchte der Wärter als Grund des Erschießen nur etwas wie „Aufstand“ oder „Fluchtversuch“ anzugeben. Morgens (Sommer: ca. 04:00, Winter: ca. 05:00) und abends gab es eine Stunde Appell: alle auf dem Appellplatz antreten und stillstehen, nicht umfallen, nicht anderen helfen die umfallen, alle Schikanen hinnehmen.

Wachleute waren nicht einfach sadistische Soldaten, sondern SS-Leute. Sie sahen sich als sozialdarwinistisch ganz oben, galten als skrupel -und gewissenlos.

Hans Loritz, Kommandant 1936-39, ordnete äußerste Brutalität an. Damit beförderte er sein Ansehen beim Inspektor der Konzentrationslager. Wiederholt musste er sich wegen Selbstbereicherung verantworten (z.B. ließ er Häftlinge seine Villa ausbauen).

Unzureichende Ernährung und zu viel Zwangsarbeit machte jeden Insassen zu einem dünnen und kraftlosen Gestell, nicht jeder überlebte das.
„Ausgesonderte“ wurden ins KZ Mauthausen deportiert, um dort vergast zu werden.

1942 kam ein neuer Kurs in die Lager. Die Rationen wurden verbessert, Pakete von außen (mit Lebensmitteln oder Kleidung) wurden erlaubt.
Der Grund: das Reich brauchte billige Arbeitskräfte, v.a. zur Herstellung von Munition.
Die Schlacht vor Moskau war verloren, die USA waren (im Dez. ´41) in den Krieg eingetreten. Deutsche Städte wurden von den Briten bombardiert (bald schon verstärkt durch die Amerikaner), Rüstungswerke waren dabei vorrangige Ziele.
Es gab Leistungsanreize für besonders fleißige Häftlinge. Als Anreize gab es: Hafterleichterung, Verpflegungszulage, Geld, Tabak, Bordellbesuch. Außerdem nahm die Zahl der sog. „Außenlager“ sprunghaft zu, auf 150. Entweder wurde dort Munition hergestellt, oder militärische Standorte wurden hochgezogen.

Besser wurde gar nichts. Die „Vernichtungslager“ im Osten schickten ihre Häftlinge mit Zügen nach Westen, bevor sie von der Roten Armee befreit wurden. Dachau war komplett überfüllt (etwa 30.000 Insassen, bei Auslegung für 6.000).
Ab Anfang 1945 kam es zu Gewaltmärschen Richtung Süden. Häftlinge, Dokumente, Beweise – alles sollte verschwinden, bevor es den vorrückenden Alliierten in die Hände fiel. Die Verantwortlichen hofften so, ihr späteres Urteil durch die Sieger abmildern zu können.

r.o.: nur 2 Baracken sind erhalten. Die Baumreihen zeigen an, wie weit nach hinten der Komplex ging. Platz für 6.000 arme Inhaftierte.

Davor: der Appellplatz

 

l.o.: das "Wirtschaftsgebäude". Hier wurde Zwangsarbeit verrichtet.

 


Wer dieser Logik folgt, und dieses Kapitel verharmlosen möchte – möge es sich selbst anschauen, und sich fragen, ob er mit einem der Häftlinge tauschen möchte.
Aber es gibt nichts zu beschönigen, zurechtzurücken oder in die heutige Zeit zu transportieren.

Der Eintritt ist frei, Anmeldung nicht notwendig.

„Arbeit macht frei“: der bekannte Spruch am Eingangstor ist so etwas wie das „Motto“ des Lagers. Es war aufs Dach geschrieben: „Es gibt einen Weg zur Freiheit. Seine Meilensteine heißen: Gehorsam, Ehrlichkeit, Sauberkeit, Nüchternheit, Fleiß, Ordnung, Opfersinn, Wahrhaftigkeit, Liebe zum Vaterland.“
Heißt im Klartext: wer frei sein will, muss sich bedingungslos dem Terrorregime unterordnen. An Zynik ist das kaum zu überbieten.

Apropos Zynik:
- Billige Arbeitskräfte
- Leistungsanreize
- Aussortierung / Entsorgung der Untauglichen
Das klingt nach einem zeitlosen Credo.

Der sog. Neo-Liberalismus der letzten Jahre hat ja eine Vielzahl an „Verlierern“ bzw. „Absteigern“ … „produziert“. (Das Gegenmittel heißt: Sozialstaat).
Die Neo-Rechten greifen auf den alten Trick zurück, die „Verlierer“ gegeneinander ausspielen zu wollen.
Bleiben wir wachsam, uns nicht von ihnen blenden zu lassen. Viele der Tausende von Insassen und Opfer wünschen es sich von uns.


Apropos vergessen:
Von 1948 - 1965 diente das Lager als Unterkunft für Flüchtlinge. Die Wohnungsnot im Nachkriegsdeutschland war groß, die ursprüngliche Nutzung drohte darüber in Vergessenheit zu geraten.
Ab 1965 wurde die Anlage zu einem Denkmal und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.


KZ Friedhof Leitenberg
Ein Stück außerhalb. Ein kurzes Stück auf dem Fuß- und Radweg fahren, links ab zum Parkplatz. Den 14 Kreuzwegstationen nach oben folgen.
Hinter der Mauer ist der Friedhof. Eigentlich ein Massengrab, für über 7.000 KZ-Opfer aus Bayern. Einzelfriedhöfe wurden in den 1950er und 60ern aufgegeben, und hier alle Todesopfer aus Oberbayern zusammen getragen (Auf einem Hügel, im Wald, abseits der Stadt). Begründet wurde es noch von der KZ-Kommandantur, da die Kapazitäten im Lager (wegen Überfüllung) nicht mehr ausreichten.

Der italienische Staat ließ 1963 eine Kapelle für seine Landsleute unter den Opfern bauen.

Zumindest in ihrer letzten Ruhestätte haben die armen Opfer es grün und schön.

r.o.: der Eingang

M: das Massengrab heute

2.v.u.: die Gedächtniskapelle der Italiener

r.u.: der Ausgang


Persönliche Anmerkung
Meine Reiseberichte gelten als lustig, wurde mir des öfteren zugetragen.
Hier habe ich bewusst darauf verzichtet.

Die „harten Fakten“ sind überall nachzulesen.
Mir ging es diesmal mehr um die „weichen Faktoren“, die ich nicht minder erschütternd finde. Schwerpunkt: wie Einzelne auf persönliche Vorteile durch das Leid anderer hoffen. Und diese Thematik ist allgegenwärtig. Leider.

Ein Terrorregime ist jederzeit wieder möglich. Auch bei uns.
Bleiben wir wachsam.




Historische Quellen:
Schautafeln in der Gedenkstätte