Altmühltal 2016
Mai 2016 - Tief in Bayern 2

Faszinierende Entdeckungen am bayer. Limes
5 Museen, 2 Steinbrüche, 1 Fest – 3 Tage

Fossilien, Römer, Kelten, Burgen, Kultur, touristische Infrastruktur – ein ideales Gebiet für einen Kurzurlaub. Also los!


Manching   - Römer -und Keltenmuseum
Vor den Römern waren die Kelten hier, ein legendäres Kulturvolk. Manching war eine der größeren Städte, ein sog. Oppidium, mit Stadtmauer, Gewerbe -und Wohngebieten – verkehrsgünstig an der Donau gelegen. Hier wurde u.a. Sumpfeisen gewonnen, in der Eisenzeit ein heiß begehrter Rohstoff, und zu handlichen 4-kg-Barren gegossen. Die Handelsnetze reichten bis zu den Etruskern, die dafür Olivenöl und Wein schickten.
   
Teil 2 des Museum zeigt die römische Welt. Zwei Patrouillenboote der römischen Armee, die auf der Donau gerudert oder gesegelt wurden, sind hier geborgen worden.
    Ein Modell zeigt den Bau der Donaubrücke. Mit hohem Personalaufwand wurden Pfeiler hochgezogen und mit Holzplanken verbunden, um den Fluss samt Tal zu überbrücken. In einem „Hamsterrad“ laufen Menschen, um per Kran Steine und Holz nach oben zu ziehen. Schiffe bringen Steine, diese werden auf Ochsenkarren verladen und zum Bauort gebracht. Wie lange baut man an so einem Modell – und vor allem an so einer Brücke?
Probleme machten, nach wie vor, Germanen aus dem Norden. Der Limes, eine bewachte Grenzmauer, brachte Abhilfe – wenn auch nicht dauerhaft.

Eichstätt
Den Nachmittag verbringen wir im Jura-Museum, oben auf der Willibaldsburg.
    Auch hier geht es nicht ohne die alten Römer. Eine Schautafel verrät mir, wenn auch nur indirekt, wie die Rätoromanen in die Schweiz gekommen sind. Die römische Provinz Rätien reichte von hier, über den Münchner Raum, bis in die Schweiz. Die Römer siedelten Veteranen an, um z.B. den römischen Lebensstil zu verbreiten. Für die Schweiz gibt es Belege dieser Besiedlung – und bis heute eine Sprache, die daran erinnert: Rätoromanisch.

Der Fokus des Museums liegt aber natürlich auf Fossilien. Fische, Echsen, Tintenfische, ein 3m langes Meereskrokodil – viele fantastische Exemplare, ausgestellt in altem Gemäuer.
Die Aquarien zeigen Rifflandschaften, wie es sie vor Jahrmillionen hier gab – mit den überlebenden Nachfahren der fossilen Fische – also „Lebende Fossilien“.

Unser Highlight: der Hoatzin
Eine unscheinbare Anordnung aus einzeln beleuchteten Fotos und zwei Hörern, an sich schon ein Museumsstück, erklärt die Besonderheit dieses Vogels aus den südamerikanischen Tropen:
Dieser bunte Vogel baut sein Nest in den Bäumen. Bei Gefahr, z.B. durch Schlangen, hüpfen die Jungen ins Wasser und tauchen. Danach hangeln sie sich an Ästen zurück ins Nest. Sie haben drei Krallen an jedem Flügel, die ihnen dabei helfen.
Vögel mit Krallen an den Flügeln?
Nicht umsonst steht die Präsentation neben einer Replika des Archeopteryx-Fossils – durch drei Krallen an den Flügeln sind die beiden verwandt.

Eine Sonderausstellung zeigt Paradiesvögel. Früher waren sie in Mode: um 1912 war es schick, ein ganzes Tier auf seinem Hut zu tragen. Ebenso überraschend (zumindest für uns): damals schon gab es Tierschutzverbände, die dagegen Sturm liefen.
Heute besteht die Bedrohung aus Palmölplantagen, die den Regenwald (= Lebensraum der Paradiesvögel) verdrängen.

    Ganz pers. Anm.: wer etwas für den Regenwald tun will (außer spenden und
    Fair-Trade kaufen natürlich), sollte Palmöl boykottieren (wie ich es versuche).
    Das ist nicht immer einfach, aber man kann manches selber machen (z.B. Kekse
    backen).


Solnhofen
(Mittelfranken)
Epizentrum der Archäologie, Home of Archeopteryx

Das kleine Bürgermeister-Müller-Museum zeigt viele gut erhaltene Fossilien, mit die besten die es gibt. Echsen, Schildkröten, Quallen, Krebse, Tintenfische, Flugsaurier. Der berühmte Archeopteryx ist in Berlin, doch Replika und kleinere werden hier gezeigt.

Warum hier?
Wir mussten 2 Museen besuchen (hier + Jura-Museum), um das ganze Bild zu bekommen.
Hier war eine Lagune aus Korallenriffen. Viele Meeresbewohner waren hier zuhause, andere wurden von der Strömung angespült. In der Mitte der Lagune gab es keine Strömung, abgesunkene Lebewesen konnten ungestört versteinern.
    Entdeckt wurden sie nur durch Zufall. Senefelder erfand um 1800 die Lithographie: Buchseiten (oder Landkarten) werden auf Steinplatten geätzt und mit ihnen gedruckt. Nicht irgendein Stein, sondern Altmühltaler Kalksandstein - dabei wurden die Fossilien entdeckt.
Der Archeopteryx lebte (wie der Hoatzin heute) auf den bewaldeten Inseln der Lagune, direkt am Wasser.


Sola-Basilika
Im 6./7. Jh. (!) wurde eine Kirche mit karolingischen Säulen errichtet, eine der ältesten Kirchen Deutschlands. Nur in Resten erhalten und von einer Plattform aus zu sehen.
(Gratis)


Im Steinbruch über dem Ort versuchen wir uns. Nach 1h klopfen haben wir: blaue Hände, Rückenschmerzen, 3 kleine Fossilien.


Bergér-Museum
bei Eichstätt / Wegscheid, 3,- p.P.
Nette Sammlung an Fossilien, in einem Ponyhof. Räume und Ausstattung sind original 1960er, inkl. alter Schautafeln aus der Schule – die man selbst schon zu den Museumsstücken zählen kann.


Steinbruch Blumenberg
(nahe Bergér-Museum)
Leicht lassen sich dünne Platten abklopfen, um ins Innere des Steins sehen zu können. Überall klingt es nach zerscheppertem Geschirr (wenn Leute „leere“ Platten beiseite werfen). Unsere Ausbeute: etwas besser, v.a. kleine Fadensterne (dünne, kleine Seesterne).
Das Pfingstwochenende ist nicht wirklich warm (6-8°C). In einem altmodischen Café in Eichstätt wärmen wir uns auf.

Eichstätt
Bischofssitz und eine Perle des Barock. Im Dreißigjährigen Krieg stark zerstört, wurde es im Stil des Barock wieder aufgebaut. Gut zu Fuß zu erkunden.
Wem Barock nicht so zusagt (wie mir): der Dom ist gotisch, das Seitenportal bunt bemalt.


Der Grüne Topf
Kipfenberg (neben Gasthof Zum Blauen Hecht)
ist eine Karstquelle. Grundwasser sickert durch den Boden, trifft auf eine wasserundurchlässige Gesteinsschicht (z.B. Mergel) und tritt zutage.


Neuburg an der Donau
Sonderausstellung: Kunst & Glaube, im Schloss
(7,50 EUR p.P., noch bis 07.08.2016)
Pfalzgraf Ottheinrich ließ sich im 15. Jh. eine Prachtbibel anfertigen – nachdem er zum Protestantismus übergetreten war.
Die Ausstellung zeigt prächtige Beispiele spätmittelalterlicher Buchmalereien (bzw. der Renaissancezeit). In den floralen Ranken sitzen Affen und Männchen, Goldflächen sind mit Mustern aufgelockert. Eine schöne Ausstellung mit tollen Exemplaren, und vielen gemalten Seiten der Hofbibel.

Weitere (persönliche) Highlights aus zeitgenössischen Werken:
- die Hure Babylon trägt eine Papstkrone (im sog. „Septembertestament“). Nach Protesten wurde sie entschärft, zu einer normalen Krone (im „Dezembertestament“). Beide Werke liegen nebeneinander. (ich nenne es: „Protestantische Propaganda“)
- 2 Predigten in 1 Bild. Protestantisch: schlichte Kanzel, Prediger liest direkt aus der Bibel, die Leute lesen mit und diskutieren angeregt. / Katholisch: dicker Pfarrer auf prächtiger Kanzel, langweilt die Leute. („Protestantische Propaganda“)
- Horoskope: bunte Karten (handgemalt), auf denen man etwas drehen kann, um das Schicksal nach Sternzeichen zu bestimmen (14. Jh.)
- Melancolia 1558 (Mathis Gerung): Angesischts eines nahenden Kometeneinschlags verharrt die Titelfigur in Untätigkeit (15. Jh.)

Wer Inspiration sucht, kann also in die Geschichte abtauchen – und findet genug Stoff, der sich in unsere Zeit übersetzen lässt ...

Danach: in die Elisen-Lounge, gleich unterhalb des Schlosses (in der Elisenstraße). Eins der schönsten Cafés die ich kenne ...


Mörnsheim: Schafsfest
An einem Hang vor dem Ort steht Schäfer Michael mit seiner Herde. Die Schafe grasen, 2 Hunde behalten alles im Auge und warten auf Befehle.
Wie es sich für einen Schäfer gehört, ist er mit Hut und Umhang wetterfest angezogen, und redet nicht so viel. Freundlich und geduldig beantwortet er jede Frage mit ruhiger Stimme, ohne in Redeschwall zu verfallen. Hier sind wir richtig.
Die Herde verteilt sich auf der Wiese, Spannung kommt auf. Ein Wort und ein Zeichen vom Schäfer genügen. Die beiden Hunde laufen los, treiben die Herde zusammen, setzen sich wieder hin und beobachten aufmerksam.
    Im Ort stehen Verkaufsbuden und Bierbänke, die Stimmung ist trotz Dauerregen gut. Um 14 Uhr die Hauptattraktion: Schäfer Michael zieht mit seiner Herde durch die Gassen des Städtchens.
Nach einem Tiefpunkt in den 1960ern geht es mit der Schafzucht wieder aufwärts. Im Altmühltal wurde daraus eine Marke kreiert. Doch rentabel ist es kaum - zu groß sind die Herden in Australien, Neuseeland, Argentinien, zu hart der Preisdruck.


Auf der Heimfahrt staunen wir, wieviel wir in 3 Tagen gesehen und gelernt haben. Das einzige das wir nicht zu sehen bekamen ist: der Limes.



Unterkommen:
Zum Blauen Hecht, Kipfenberg
Schöne neu gestaltete Zimmer, Restaurant im EG (Augustiner Bier), familienfreundlich. Das Restaurant setzt auf regionale Produkte, Bio und Fairtrade. Nur gute Bewertungen im Internet, völlig zurecht.